Die EU-Kommission hat am 1. Juni den ersten Schritt im Verfahren zur Stärkung des Rechtsstaatsprinzips in Polen eingeleitet. Dazu hat sie eine Stellungnahme zur Lage der Rechtsstaatlichkeit an Polen gerichtet, in der sie ihre Bedenken Zusammenhang mit dem Verfassungsgericht darlegt.
„Dies ist die Basis für die Fortsetzung des Dialogs mit den polnischen Behörden“, sagte der Erste Kommissionsvizepräsident Frans Timmermans am Mittwoch, 1. Juni, nach der Kommissionssitzung in Brüssel. „Das Rechtsstaatsprinzip ist einer der Grundpfeiler der Europäischen Union. Es wurden konstruktive Gespräche geführt, die nun in konkrete Schritte zur Behebung der systembedingten Gefährdung der Rechtsstaatlichkeit in Polen umgesetzt werden sollten. Die heute angenommene Stellungnahme enthält auf der Grundlage des im Januar begonnenen Dialogs unsere Bewertung der fraglichen Punkte“, sagte Timmermanns.
Nachdem sie seit dem 13. Januar einen intensiven Dialog mit der polnischen Regierung geführt hatte, hält es die Kommission für erforderlich, ihre Bewertung der gegenwärtigen Lage in dieser Stellungnahme zu formalisieren. Gemäß dem Rahmen zur Stärkung des Rechtsstaatsprinzips ist dies der erste von der Kommission ergriffene Schritt in diesem Verfahren. Die Stellungnahme soll dazu beitragen, dass der laufende Dialog mit den polnischen Behörden zu einer Lösung führt.
Die Rechtsstaatlichkeit ist einer der gemeinsamen Werte, auf die sich die Europäische Union gründet. Sie ist in Artikel 2 des Vertrags über die Europäische Union verankert. Nach den Verträgen ist die Europäische Kommission zusammen mit dem Europäischen Parlament und dem Rat dafür zuständig, die Wahrung der Rechtsstaatlichkeit als eines Grundwerts der Union zu garantieren und für die Achtung des Rechts, der Werte und der Grundsätze der EU zu sorgen.
Die jüngsten Ereignisse in Polen, die insbesondere das Verfassungsgericht betreffen, haben die Europäische Kommission veranlasst, einen Dialog mit der polnischen Regierung aufzunehmen, damit die Rechtsstaatlichkeit in Polen uneingeschränkt gewahrt bleibt. Nach Auffassung der Kommission muss das polnische Verfassungsgericht in der Lage sein, eine vollumfängliche wirksame Normenkontrolle zu gewährleisten.
Die polnischen Behörden sind nun aufgefordert, ihrerseits Bemerkungen zu der Stellungnahme vorzulegen. Die Kommission würde den konstruktiven Dialog mit der polnischen Regierung auf der Grundlage dieser Bemerkungen fortsetzen, um die dargelegten Bedenken einer Lösung zuzuführen. Werden die Bedenken nicht innerhalb eines angemessenen Zeitraums ausgeräumt, kann die Kommission eine Empfehlung zur Rechtsstaatlichkeit abgeben. Hierdurch würde die zweiten Phase des Rahmens zur Stärkung des Rechtsstaatsprinzips eingeleitet.
Der – am 11. März 2014 eingeführte – Rahmen zur Stärkung des Rechtsstaatsprinzips umfasst drei Stufen. Das gesamte Verfahren basiert auf einem kontinuierlichen Dialog zwischen der Kommission und dem betroffenen Mitgliedstaat. Die Kommission informiert das Europäische Parlament und den Rat eingehend und in regelmäßigen Abständen.