15 02 26 TTIP 2Generalkonsul Stephen A. Hubler stellte sich kritischen Fragen zu TTIP

Die geplante Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft zwischen der EU und den USA, kurz TTIP, wird in breiten Teilen der Gesellschaft intensiv und kontrovers diskutiert, vor allem in Deutschland. Aus diesem Grund lud der Europaverein GPB in Eschweiler mit EUROPE DIRECT Aachen zu einer ersten von zwei Informations- und Diskussionsveranstaltungen ein.

Den Auftakt machte heute der US-amerikanische Generalkonsul Stephen A. Hubler, der im August 2012 seine Aufgabe als Generalkonsul in Düsseldorf übernommen hat. Zuvor war er von 2009 bis 2012 stellvertretender US-Generalkonsul im US- Generalkonsulat in St. Petersburg, Russische Föderation.

Nach einer Begrüßung und Einführung von Peter Schöner, Präsident des Europavereins, legte Herr Hubler vor knapp 70 Gästen zunächst die Ziele und Verhandlungsschritte zu TTIP aus amerikanischer Sicht dar. Dabei betonte er die anvisierten wirtschaftlichen Vorteile durch den Abbau von Handelshemmnissen, was vor allem für Exportländer wir Deutschland attraktiv sei. Er verwies aber auch auf zu nutzende Innovationspotenziale durch eine verstärkte Zusammenarbeit. Zudem geht es nach Hubler auch um eine strategische Entscheidung: er hält es für besser, wenn die USA und Europa mit einer TTIP-Deutungshoheit globale Standards setzen würden als wenn dies durch Mächte auf anderen Kontinenten geschähe.

Der US-Diplomat betonte, dass die Transparenz bei den TTIP-Verhandlungen durch Briefings von gewählten Politikern und vielfältigen Lobbygruppen (Umwelt- und Verbraucherschutz, aber auch Auto-Industrie usw.) gewährleistet sei, wobei er um Verständnis warb, dass die Verhandlungstexte, die es nur als Entwurf gebe, nicht komplett frei verfügbar wären. Das sei bei Verhandlungen üblich.

Zugleich stellte er als Grundlagen von TTIP die Arbeitnehmerrechte und den Umweltschutz heraus. Er wünscht sich eine transatlantische Renaissance, die auf den Säulen Wirtschaft, Sicherheit und sozialen Werten beruhe.

15 02 26 TTIP 1Die zahlreichen Fragen und Anmerkungen aus dem Publikum bezogen sich u.a. auf die Geheimhaltung der Verhandlungsdetails. Die Kritik ist, dass durch die fehlende Einsicht in die Verhandlungstexte die Zivilgesellschaft nicht mitreden kann. Das könne nur indirekt durch die eingeweihten Politiker auf EU- und Bundesebene geschehen.

Es wurden aber auch grundsätzliche Zweifel am Handelsabkommen laut: Schaffen diese wirklich neue Arbeitsplätze und Wohlstand für die Bürger? Hubler entgegnete, dass gerade export-orientierte Länder (Deutschland) und Gemeinschaften (Europa) davon profitieren würden, da sich das Handelsvolumen erhöhen und Zölle wegfallen würden.

Zu der Sorge um eventuell sinkende Standards im Verbraucherschutz (z.B. bei Lebensmitteln) meinte Hubler, dass nicht in allen Handelsfeldern die Standards angeglichen werden müssten, das sei ja gerade Teil der aktuellen Verhandlungen. Aber z.B. für die Autoindustrie wären gemeinsame Standards sehr wünschenswert und auch unproblematisch. Im Finanzwesen seien die Standards in den USA (seit der Börsenkrise) viel höher als in Europa, deshalb möchte die USA die Finanzregeln aus den TTIP-Verhandlungen ausschließen, entgegen der Haltung der EU.

Die mehrfachen Nachfragen zu den geplanten Schiedsgerichten zum Investorenschutz (ISDS) stellte der Generalkonsul klar, dass diese Schiedgerichte nur in schweren Fällen angerufen werden können, wenn es um Enteignung oder um Diskriminierung gehe. Es gebe schon seit über 20 Jahren viel Erfahrung mit Schiedsgerichten innerhalb Europas. Die Idee eines internationalen Handelsgerichtshofs, die ein Gast einbrachte, findet Hubler gut, aber die Einrichtung einer solchen würde sicher über 10 Jahre dauern. Deshalb sei der Investitorenschutz ISDS nun sinnvoll.

Der gelungene Informationsabend klang bei einem abschließenden kleinen Empfang aus. Die zweiteilige Veranstaltungsreihe ist angelegt, sowohl die amerikanische als auch die europäische und wissenschaftliche Seite kennenzulernen. Die zweite Veranstaltung wird am 26.03.2015 Informationen und Erörterung aus europäischer Sicht bieten. Als Referentin steht Dr. Sabine Stephan zur Verfügung, Referatsleitung der Ökonometrie beim Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung der Hans Böckler Stiftung.

Weiterführende Informationen zu TTIP aus Sicht der Europäischen Union finden Sie hier: