Ein Europa der zwei Geschwindigkeiten
Im heutigen Vortrag der Reihe 'Europa, wie weiter?' behandelte Prof. Frank Nullmeier die Frage der sozialen Gerechtigkeit in Europa. Er ist Leiter der Abteilung 'Theorie und Verfassung des Wohlfahrtsstaates' an der Universität Bremen. Insgesamt 80 Gäste fanden sich für den Vortrag im Super C ein.
Zunächst definierte Prof. Nullmeier die Frage nach sozialer Gerechtigkeit. Diese sei unterteilt in zwei Fragen; der klassischen, in der es um die Frage nach Gerechtigkeit zwischen verschiedenen sozialen Gruppen in einem Land geht und der, in der es um die Gerechtigkeit zwischen Ländern geht. Seiner Meinung nach ist diese Separierung heute nicht mehr aktuell. In einem gemeinsamen Währungs- und Wirtschaftsraum, in dem man voneinander abhängig ist, könnten die Gerechtigkeitsfragen nicht mehr separat gesehen werden, so Nullmeier.
Er mahnte an, dass Europa sich nicht auf dem Weg zur sozialen Gerechtigekeit befände, die Situation sich in den letzten Jahre sogar verschlechtert hätte. Zudem habe sich ein "Wohlfahrtschauvinismus" in den Nationalstaaten verfestigt; in dem die Menschen soziale Leistungen nicht teilen wollen.
Am Beispiel der Alterssicherung erklärte Prof. Nullmeier, wie eine europäischer Sozialstaat aussehen könnte. Da er nicht von einer natürlichen Angleichung duch Mobilität ausgeht, und auch nicht davon, dass die Europäische Union in diesem Bereich in Zukunft mehr Kompetenzen erhalten wird, schlägt er ein "Europa der zwei Geschwindigkeiten" vor. Eine mögliche Lösung könne so aussehen, dass sich einige wenige Staaten der EU in einer Sozialunion zusammenfinden. Diese Union solle die EU nicht zerstören, sondern sie ergänzen.
In der anschließenden Diskussion wurde das Thema, wie auch an den vorherigen Vortragsabenden, kontrovers dikutiert.
Heute Abend wird Prof. Dirk Messner ab 19:00 Uhr im Super C zu "Europas Bedeutung in der Welt" referieren.