Prof. Wessels: 'Die Deutsch-Französischen Beziehungen'

15 03 17 Wessels Frankreich 1Die Deutsch-Französischen Beziehungen:
vom europäischen Motor zur "lahmen Ente" und retour?

Das EUROPE DIRECT Informationsbüro Aachen und das Deutsch-Französische Kulturinstitut Aachen luden heute zu einem interessanten Gesprächs- und Diskussionsabend in den Gartensaal des Deutsch-Französischen Kulturinstituts ein.

Gesprächspartner auf dem Podium war Prof. Dr. Wolfgang Wessels, Inhaber des Jean-Monnet-Lehrstuhls am Forschungsinstitut für Politische Wissenschaft und Europäische Fragen der Universität zu Köln. Als Moderator und Experte stand zudem Siebo M.H. Janssen zur Verfügung, welcher Politikwissenschaftler/Historiker und langjähriges Mitglied im Rednerteam Europa ist.

Nach einer Begrüßung der knapp 40 Gäste durch Winfried Brömmel, Leiter von EUROPE DIRECT Aachen, begann Prof. Wessels mit einer Analyse, welche Unterschiede es zwischen Frankreich und Deutschland gibt. Er verwies auf die Bereiche Wirtschaftspolitik, Strategien bei der Währungsunion, die Außen- und Geopolitik, Energiepolitik und nicht zuletzt die unterschiedliche Staatsform. Er fragte sich, wieso bei den vielen sehr deutlichen Unterschieden zwischen Frankreich und Deutschland diese Länder eigentlich meist so gut auf europäischer Ebene zusammen arbeiten (können).

Seine These ist: Immer wenn es politisch schwierig wird in Europa, arbeiten Deutschland und Frankreich wie durch einen reflexartigen Instinkt eng zusammen. Er erklärte es u.a. damit, dass die anderen (EU-)Länder die Rolle eines Führungsduos von Frankreich und Deutschland erwarten, z.B. beim gegenwärtigen Ukraine-Konflikt. Dabei binden Frankreich und Deutschland die anderen EU-Länder in ihre Entscheidungsfindung ausdrücklich ein.
Zudem bemerken auch die "großen" EU-Länder Frankreich und Deutschland, dass durch die globale demographische Entwicklung nur durch eine Zusammenarbeit (in der EU) die globale Bedeutung gehalten oder gestärkt werden kann. Die beiden Länder befinden sich nach Wessels noch immer in einem historischen Lernprozess, der sie nach den beiden Weltkriegen immer wieder zum geimeinsamen Handeln zusammen führt. Jede erfolgreiche Krisenbewältigung schweißt Frankreich und Deutschland weiter zusammen.

Bei der aktuellen Euro-Krise haften derzeit alle Euro-Länder zusammen für krisengeschüttelte Mitglieder wie Griechenland. Es ist keine allein-deutsche Position, der sich z.B. Griechenland derzeit stellen muss. Die nationalen Interessen von Frankreich und Deutschland (und der anderen EU-Länder) werden dabei immer mit den europäischen Anforderungen zusammen gelegt und bearbeitet. Somit scheint die Differenz zwischen Deutschland und Frankreich zugleich eine Voraussetzung für die erfolgreiche Zusammenarbeit zu sein. Allerdings gibt es seit langem keine großen gemeinsamen Projekte von Frankreich und Deutschland.

Abschließend gingen die Referenten auch noch auf den scheinbaren Aufstieg des rechtsextremen Front National und damit verbundene Konsequenzen für die Deutsch-Französischen Beziehungen und die französische Europapolitik ein. Da der Front National gegen Europa arbeitet, wäre bei weiterem Erstarken eine Annäherung jener Partei an Russland denkbar.

Der gelungene Politikabend endete mit einem Verweis auf Jean Monnet, der stets die konkreten kleinen Schritte in Richtung eines gemeinsamens Europas fokussierte statt eine große Europa-Vision z.B. einer Europäischen Föderation in den Vordergrund zu stellen. In diesem Sinne haben Deutschland und Frankreich schon viele gemeinsame und wichtige Schritte eines geeinten Europas umgesetzt.