Europa ohne England?
Jean Monnet und die Gründung der Europäischen Gemeinschaft.
Heute referierte Prof. Klaus Schwabe im Auditorium des Centre Charlemagne über Jean Monnet und seine Bedeutung für die Europäische Gemeinschaft. Die Einleitung und Moderation übernahm Prof. Armin Heinen vom Historischen Institut der RWTH Aachen.
Prof. Dr. Klaus Schwabe war von 1980 bis zu seiner Emeritierung im Jahr 1997 Professor für Neuere Geschichte an der RWTH Aachen. Er beschäftigt sich insbesondere mit den deutsch-amerikanischen Beziehungen und der europäische Einigung. Im Nomos-Verlag ist im Jahr 2016 sein Buch "Jean Monnet - Frankreich, die Deutschen und die Einigung Europas" erschienen. Mit dieser ersten längeren deutschsprachigen Biographie bringt Schwabe dem Leser das gedankliche Konzept und den geschichtlichen Hintergrund von Monnets politischer Leistung beim Aufbau eines vereinten Europas nahe.
Herr Schwabes Fragestellungen waren: Welche Rolle spielte Großbritannien in Monnets Europapolitik? War Monnet ein wichtiger Urheber des britischen Beitrags zum Europa von heute? Welches Grundmotiv bestimmte Monnets europäische Einigungspolitik?
Nach kurzen biografischen Angaben über Jean Monnet erläuterte der Referen drei Phasen: a) Schuman-Plan (1950 – 1958), b) Im Schatten de Gaulles (1958-1968) und c) Der britische Beitritt zum Europäischen Markt (1969-1972).
Der Franzose Jean Monnet, einer der "Gründerväter" Europas, verehrte Großbritannien so sehr, dass er 1940 nach der deutschen Besetzung Frankreichs zusammen mit Churchill eine Verschmelzung beider Länder forderte. Trotzdem schloss er England 1950 aus seinem europäischen Einigungswerk aus und befürwortete einen britischen Beitrittsantrag erst 1961, dann aber mit allem Nachdruck gegen den erbitterten Widerstand de Gaulles.
Der britische Beitritt zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) erfolgte erst 1973 und veranlasste Monnet, sein Europaprojekt zu verändern. Schwabe entwickelte die These, dass Monnet und Großbritannien als Schlüsselfaktor für einen Erfolg der europäischen Einigung angesehen wurden. Ohne Großbritannien gäbe es laut Monnet kein "Europa unter Gleichen". Die Gleichberechtigung von Deutschland, Frankreich und Großbritannien sei ein Schlüsselfaktor zur Stabilität in Europa.
Somit blieb am Ende der Veranstaltung, bei der sich die ca. 50 Zuschauer sehr rege mit Fragen und Kommentaren beteiligten, der etwas angespannte Blick in die Zukunft, ob beim nunmehr anvisierten Austritt Großbritanniens aus der EU, die Stabilität Europas gewahrt bleiben kann.
Die Veranstaltung wurde durchgeführt von der Initiative Europäische Horizonte, dem EUROPE DIRECT Informationsbüro der Stadt Aachen und der Karlspreisstiftung. Sie war Teil des Rahmenprogramms zur Verleihung des diesjährigen Internationalen Karlspreises an Timothy Garton Ash.