Am 30. September fand im Rathaus Würselen eine von EUROPE DIRECT Aachen und der VHS Aachen Nordkreis organisierte Veranstaltung zum Thema „Grenz- und Asylpolitik der Europäischen Union“ statt. Rund 18 interessierte Besucherinnen und Besucher verfolgten aufmerksam den Vortrag des Politologen und Historikers der Moderne Siebo Janssen.
Das Rathaus Würselen erwies sich als passender Veranstaltungsort, da es wie kaum ein anderer für den politischen Diskurs in einer demokratisch geprägten Bürgergesellschaft steht. Janssen zeichnete zunächst die historische Entwicklung des europäischen Asylrechts nach – von den Lehren des Zweiten Weltkriegs und der Genfer Flüchtlingskonvention über die Debatten der 1980er Jahre bis hin zu den deutlichen Einschränkungen im Zuge der Einführung des Artikels 16a des Grundgesetzes im Jahr 1993 (Konzept der „sicheren Herkunftsländer“) als Folge der Jugoslawienkriege.
Einen weiteren Schwerpunkt bildete die Einordnung der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik im Rahmen der dritten Säule des Vertrags von Maastricht sowie der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen. Siebo Janssen erläuterte anschaulich aktuelle Herausforderungen im Bereich Asylrecht, grenzüberschreitender Kriminalitätsbekämpfung und Migration.
Vor diesem Hintergrund wurde deutlich, wie terroristische Anschläge sowie andere Gewaltverbrechen seit den 1990er Jahren zu einer Verschiebung des öffentlichen Diskurses in Richtung verstärkter Abschottung führten. Der Referent zeigte den für die Europäische Union besonders problematischen Dualismus auf: die ethisch gebotene Wahrung des Asylrechts steht in einem Spannungsverhältnis zu sicherheitspolitischen Abschottungsmaßnahmen.
Zum Abschluss stellte Janssen detailliert die politischen Reaktionen der EU und ihrer Mitgliedstaaten dar, darunter Operation Mare Nostrum, Frontex sowie die Dublin-I-, II- und III-Verordnungen, und schlug den Bogen zur aktuellen Tagespolitik. Sein ernüchterndes Fazit rückte die Veranstaltung in einen besonders nachdenklichen Rahmen:
„Es ist ungewiss, ob die EU in ihrer heutigen Verfassung in zehn Jahren noch bestehen wird. Sollte sie bestehen, dann vermutlich in deutlich schlechterem Zustand.“
Als zentrale Gefahren für den Zusammenhalt der Europäischen Union benannte Janssen drei innenpolitische Spannungsfelder:
- den zunehmenden Wettbewerb um Wasser und andere zentrale Ressourcen
- ungelöste Fragen der Asyl- und Flüchtlingspolitik
- divergierende Positionen in der Klima- und Energiepolitik
Die mit den Teilnehmenden geführte engagierte Abschlussdiskussion unterstrich die Aktualität und Brisanz des Themas sowie die Bedeutung eines offenen politischen Dialogs für die Zukunft Europas.
