Im Forum der VHS Aachen wurde erneut das jährliche "Europäische Forum" veranstaltet – eine Kooperation der VHS Aachen, der Route Charlemagne und des EUROPE DIRECT Informationszentrums Aachen. In diesem Jahr stand Portugal im Mittelpunkt. Es nahmen 71 interessierte Gäste an der Veranstaltung teil und erlebten ein abwechslungsreiches Programm, das Einblicke in die portugiesische Tradition und Musik, Geschichte und Geografie gab.
Galt Portugal lange Zeit als verschlafenes Land am Rande Europas, das vor allem für Portwein und sonnige Strände bekannt war, so wird das westlichste Land des Kontinents heute zunehmend mit beeindruckenden Landschaften, Tourismus und einer lebendigen Kulturszene assoziiert.
Andreas Düspohl (Route Charlemagne) hieß das Publikum herzlich im Forum der VHS willkommen. Anschließend gab Nigine Korosh, Wirtschaftsgeografin und Praktikantin bei der Stadt Aachen, einen Überblick über die geografische Lage Portugals. Neben dem portugiesischen Festland gehören zu Portugal noch mehrere autonome Inselgruppen: Madeira und die Azoren, die als "Região Autónoma dos Açores" bekannt sind. Die autonomen Gebiete gehören zwar offiziell zu Portugal, verfügen jedoch über eigenständige Gesetze in vielen Bereichen wie Bildung, Kultur und Umweltschutz. Beide Inselgruppen sind Teil der Europäischen Union (EU). Portugal liegt am Rande der eurasischen Platte in einer seismisch aktiven Zone, wodurch es vor allem im Süden des Landes oft zu Erdbeben kommt. Die größte Stadt in Portugal ist Lissabon mit 545.796 Einwohner*innen, so viele Menschen leben ungefähr auch in Hannover in Deutschland. Eine der größten Einkommensquellen in Portugal ist der Tourismus mit ungefähr 9,7 % des BIP. Andere große Wirtschaftszweige sind der Export von Autos und Autoteilen, chemischen Erzeugnissen wie Arzneimittel oder Dünger sowie Lebensmittel - Wein, Obst und Gemüse.
Portugal vor und nach der Nelkenrevolution
Andreas Düspohl erzählte den Teilnehmenden von der Geschichte Portugals vor der Nelkenrevolution 1974 - wie das Land von einer Seefahrernation und Kolonialmacht zu einem heutigen Einwanderungsland wurde. Er berichtete auch über das Anwerbeabkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Portugal, wodurch ab 1964 zehntausende portugiesische Gastarbeiter*innen nach Deutschland kamen. Noch heute gibt es unter anderem deshalb in Deutschland eine portugiesische Diaspora. Im Anschluss stellte Malte Mayer (VHS Aachen) die geschichtlichen Ereignisse während der Nelkenrevolution vor. Die linksgerichteten Militärs des Movimento das Forças Armadas beendeten mit einem fast gewaltlosen Putsch die fast 50 Jahre lange faschistische Herrschaft in Portugal. Die Bevölkerung unterstützte sie und steckte Nelken in die Gewehre der Soldaten – daher der Name "Nelkenrevolution". Es folgten Demonstrationen, Streiks und Besetzungen sowie große Prozesse des gesellschaftlichen Umschwungs. Am Ende war der Faschismus tatsächlich weitgehend friedlich beendet worden.
Uli Brückner, Jean Monnet Professor für European Studies an der Stanford University in Berlin, führte die Teilnehmenden in die aktuelle Politik Portugals ein. Nach dem EU-Beitritt 1986 erlebte Portugal ein beträchtliches Wirtschaftswachstum und eine Abnahme der Auswanderung. Das Land war jedoch 2009 durch die Eurokrise stark betroffen und rutschte in eine schwere Wirtschaftskrise - befeuert durch hohe Staatsschulden und Bankenkrisen. Als Reaktion erhielt Portugal ein umfangreiches Hilfspaket von der EU und musste harte Sparmaßnahmen durchsetzen. Portugal hat sich seitdem weitreichend erholt und das Ereignis hat zu einem Umdenken in der Wirtschaftspolitik geführt.
Die Teilnehmenden erhielten durch Winfried Brömmel, Leiter des EUROPE DIRECT Zentrums, einen kurzen Einblick in die Kultur Portugals. Nennenswert ist hierbei vor allem Fado, ein portugiesischer Musikstil, der meist von unglücklicher Liebe, Sehnsucht nach besseren Zeiten und vor allem der saudade, ähnlich zum deutschen Weltschmerz, handelt.
Kulinarische Genüsse und ein spannendes Pub-Quiz
Passend zum Thema wurden traditionelle portugiesische Snacks und Getränke serviert, die den Gästen die kulinarische Vielfalt des Landes näherbrachten. Ein Highlight waren die selbstgebackenen Pastéis de Nata, Blätterteigtörtchen mit Konditorcreme (einer Creme aus Eigelb, Zucker, Sahne („Nata“) und Mehl). Aber auch Oliven, Maisbrot und portugiesische Getränke waren am Buffet zu finden.
Der Höhepunkt am Ende des Abends war die Siegerehrung des beliebten Pub-Quiz, bei dem die Teilnehmer*innen ihr Wissen über Portugal testen und attraktive Preise gewinnen konnten. Die Atmosphäre war dabei entspannt und fröhlich, was zu einem regen Austausch unter den Anwesenden führte. Die Erstplatzierten konnten als Hauptgewinn ein Taschenbuch über die Geschichte und Entwicklung des Landes im Südwesten Europas mit nach Hause nehmen.
Im Anschluss an die Veranstaltung konnten sich die Teilnehmenden an einem Infotisch von EUROPE DIRECT Aachen mit Informationsmaterial rund um die Angebote der EU in Aachen, Stickern und Fähnchen eindecken.
- Reihe: Europäisches Forum
- Kurzlink auf diesen Artikel: https://ogy.de/Laenderabend-Portugal
