TTIP im Dialog - Die europäische Sicht

15 03 26 TTIP im Dialog Teil 2Dr. Sabine Stephan, Referatsleiterin der Ökonometrie bei der Hans-Böckler-Stiftung, äußert Bedenken zum Freihandelsabkommen

Die geplante Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft zwischen der EU und den USA, kurz TTIP, wird in breiten Teilen der Gesellschaft intensiv und kontrovers diskutiert, vor allem in Deutschland. Aus diesem Grund lud der Europaverein GPB in Eschweiler mit EUROPE DIRECT Aachen nach dem Vortrag von Generalkonsul Stephen A. Hubler im Februar nun zu einer zweiten Informations- und Diskussionsveranstaltungen ein.

Dr. Sabine Stephan betrachtete TTIP aus einer europäischen Perspektive heraus. Die Referentin studierte unter anderem Politologie und VWL. Seit 2005 ist sie Leiterin des Referats Ökonometrie im Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung der Hans-Böckler-Stiftung. Sie lehnt den Freihandel nicht grundsätzlich ab, stellte ihm in ihrem Vortrag aber das öffentliche Interesse entgegen.

Nach einer Begrüßung und Einführung von Peter Schöner, Präsident des Europavereins, legte Frau Dr. Stephan vor rund 50 Gästen zunächst die Ziele von TTIP dar und hinterfragte, dass die Schaffung eines Freihandelsabkommens primäres Ziel der Verhandlungen sei. Das Abkommen bezeichnete sie als Investitionspartnerschaft, während die Senkung der bereits geringen Zölle zwischen beiden Handelsräumen wenig effektiv sei.

Kritisch sieht Dr. Stephan die Wechselwirkungen zwischen dem Abbau von Handelshemmnissen und dem Verbraucherschutz. Durch die wechselseitige Anerkennung bestehender Sicherheitsstandards, die mit der Liberalisierung und Deregulierung einhergeht, bestehe die Gefahr einer Absenkung der zum Schutz der Verbraucher eingeführten Standards. Dabei sei es entgegen häufig geäußerter Annahmen nicht der Fall, dass die US-amerikanischen Standards niedriger seien als die europäischen.

Auch die Frage nach zu erwartendem Beschäftigungszuwachs und Wirtschaftswachstum thematisierte die Referentin. Sie beleuchtete verschiedene Studien und Modelle, die häufig zitiert werden, um TTIP vor dem Hintergrund dieser prognostizierten Entwicklungen zu rechtfertigen. Als Makroökonomin bezeichnete Frau Dr. Stephan selbst die unter optimistischen Annahmen errechneten Wachstumsraten als gering und wenig verheißungsvoll.

Ein drittes zentrales Thema des Vortrages und Anlass für Kritik stellten der Investorenschutz, die zu diesem Zweck vorgeschlagenen Schiedsverfahren und Konsequenzen für die Allgemeinheit dar. Problematisch sei, dass ausländischen Unternehmen das Recht eingeräumt wird, Klagen gegen beteiligte Staaten zu erheben und dass die von nicht immer unabhängigen internationalen Gerichten in nicht-öffentlichen Verhandlungen getroffenen Entscheidungen die Beschlüsse staatlicher Gerichte außer Kraft setzen können. Die Zahlung von Entschädigungen aus Steuergeldern schon bei geringen Anlässen zur Klage verleihe den Unternehmen großen Einfluss.

Auch Kommentare und Nachfragen aus dem Publikum konzentrierten sich auf den Investorenschutz. Einige der Zuhörer äußerten scharfe Kritik am Vorgehen der Politik und wünschten sich mehr Diskussionen über TTIP in der Bevölkerung, obwohl diese in Deutschland im europäischen Vergleich eher zahlreich und kritisch seien.

Der gelungene Informationsabend klang bei einem abschließenden kleinen Empfang aus. Die zweiteilige Veranstaltungsreihe zielte darauf, sowohl die amerikanische als auch die europäische und wissenschaftliche Seite kennenzulernen. Beide Referenten konnten ihren Zuhörern einen näheren Einblick in das geplante Abkommen gewähren.

Weiterführende Informationen zu TTIP aus Sicht der Europäischen Union finden Sie hier: