Im European Studies Centre der ehrwürdigen Universität Oxford hat der britische Historiker und Publizist Prof. Timothy Garton Ash dem Direktorium des Internationalen Karlspreises zu Aachen auch im persönlichen Gespräch am 10. März gerne bestätigt, dass er sich auf die Karlspreisverleihung freue.
"Ich bin bewegt von dieser Auszeichnung, sie ist für einen überzeugten englischen Europäer Ehre und Verpflichtung zugleich", sagte Garton Ash. Der Historiker ist ein weltweit gefragter Experte für Europäische Gegenwartsgeschichte, seine Hauptwirkungsstätte ist das St. Antony’s College der Universität Oxford.
Ein angenehmes Gespräch in Oxford
Der Direktoriumsvorsitzende, Dr. Jürgen Linden, und Aachens Oberbürgermeister Marcel Philipp wussten bei der anschließenden Pressekonferenz sichtlich erfreut von einem angenehmen Gespräch zu berichten - mit ersten festgezurrten Fakten: Timothy Garton Ash wird bereits zeitig am Vortag der Preisverleihung anreisen. "Ich möchte Zeit für die Begegnung mit ganz vielen Menschen in Aachen haben", sagte Garton Ash. So wird er am 24. Mai Gast des Europa-Forums im Alten Kurhaus sein, er wird eine Rede vor Studierenden an der RWTH halten, den Dom besuchen und sich auch beim Open-Air-Fest "Karlspreis live" auf dem Katschhof den Aachenern und ihren europäischen Gästen zeigen.
Garton Ash analysiert messerscharf
Timothy Garton Ash, der bereits im Jahre 2013 in Aachen mit der Karlsmedaille für europäische Medien, die "Médaille Charlemagne pour les Médias Européens", ausgezeichnet worden ist, ist ein Mann des Wortes. Er analysiert messerscharf und findet die richtigen Wege, seine Botschaften nachvollziehbar zu kommunizieren. Einen solchen Preisträger, einen Wissenschaftler, einen Intellektuellen, einen Nicht-Politiker, habe das Direktorium gesucht, sagte Vorsitzender Linden.
Er kennt sich qua Profession in der jüngeren Geschichte Europas aus, doch sein großes Anliegen ist Europas Zukunft. "Tatsächlich ehrt das Direktorium Timothy Garton Ash wegen seines herausragenden wissenschaftlichen und publizistischen Werks", sagte Direktoriumsvorsitzender Linden. "Er ist ein überzeugter und bedeutender englischer Europäer und europäischer Engländer. Für ihn zählt das Vereinigte Königreich ganz klar zur europäischen Wertegemeinschaft."
Eine pro-europäische Haltung
Für ihn selbst, so sagte Garton Ash, stellten sich für die nahe Zukunft wichtige Aufgaben, die in einem gewissen Spannungsverhältnis stünden: Nachdem sich das britische Volk für den Brexit entschieden habe, wolle er alles daransetzen, „den Schaden für dieses Land zu beschränken. Da wir in bestem Glauben vorhergesagt haben, dass der Brexit katastrophale Folgen haben werde, liegt es nun an uns, sicherzustellen, dass wir nicht Recht behalten." Die pro-europäische Haltung, die gerade in diesen Tagen viele Briten zur Schau stellten, mache ihn zuversichtlich, sagte er.
Oberbürgermeister Marcel Philipp beschrieb Garton Ash, den das Direktorium einstimmig im Januar gewählt hatte, als Wissenschaftler, der den europäischen Integrationsprozess nicht nach kurzfristigen oder tagespolitischen Ereignissen bewerte.
Für eine offene Debattenkultur und die Verteidigung der Wahrheit
Garton Ash, der ein kritischer Begleiter Europas ist, stellt die Frage nach dem Funktionieren der künftigen Gesellschaft, er hat deshalb am St. Antony’s College in Oxford eine inzwischen weltweit greifende Debatte über die Redefreiheit angestoßen: Wissenschaftliche Einrichtungen und Journalisten, Nichtregierungsorganisationen, Privatpersonen und vor allem seine Studenten, kurzum, Teilnehmer aus der ganzen Welt diskutieren Konflikte, die aus der Kollision unterschiedlicher Überzeugungen entstehen.
Diese Debatte lieferte dem Forscher den Stoff für sein 2016 unter dem Titel „Redefreiheit. Prinzipien für eine vernetzte Welt" erschienenes Werk, in dem er zehn Grundprinzipien der Kommunikation in einer vernetzten Welt vorschlägt. Oberbürgermeister Philipp sagte: "Das ist die hochaktuelle Antwort eines großen Wissenschaftlers auf ,fake news' und Hasspredigten, auf Populismus und Vereinfachung; ein flammendes Plädoyer für die Freiheit des Wortes, den offenen Diskurs."