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Die Stunde Europas: Aufbauplan und langfristiger EU-Haushalt

Präsidentin Ursula von der Leyen hat den Vorschlag der Europäischen Kommission für einen Aufbauplan nach der Coronavirus-Pandemie vorgelegt. Damit der Aufbau nachhaltig, gerecht, ausgewogen, inklusiv und fair für alle Mitgliedstaaten ist, schlägt sie vor, ein neues Aufbauinstrument namens „NextGenerationEU“ zu schaffen, das in einen modernen EU-Haushalt eingebettet ist. Die Kommission hat auch ihr Arbeitsprogramm für 2020 angepasst, um den nachhaltigen Umbau Europas zu priorisieren. Präsidentin von der Leyen und Haushaltskommissar Hahn werden den Vorschlag in zwei Pressekonferenzen erläutern, die heute ab etwa 15 Uhr live bei EbS verfolgt werden können.

Das Coronavirus erschüttert Europa und die Welt bis in die Grundfesten und stellt nicht nur unsere Gesundheits- und Sozialsysteme und unsere Gesellschaften und Volkswirtschaften, sondern auch die Art, wie wir leben und arbeiten, auf eine harte Probe. Um Leben und Existenzgrundlagen zu schützen, Schäden am Binnenmarkt zu beheben und für einen nachhaltigen Aufschwung und Wohlstand zu sorgen, schlägt die Europäische Kommission vor, das Potenzial des EU-Haushalts voll auszuschöpfen.

Der Aufbauplan „NextGenerationEU“ mit 750 Mrd. Euro und gezielte Verstärkungen des langfristigen EU-Haushalts 2021-2027 erhöhen die finanzielle Schlagkraft des EU-Haushalts auf insgesamt 1,85 Billionen Euro.

Präsidentin von der Leyen erklärte vor den Abgeordneten im Europäischen Parlament: „Mit dem Aufbauplan verwandeln wir die immense Herausforderung in eine Chance, weil wir nicht nur den Binnenmarkt stärken, sondern auch in unsere Zukunft investieren: Der europäische Grüne Deal und die Digitalisierung werden Beschäftigung und Wachstum ankurbeln und die Resilienz unserer Gesellschaften und die Gesundheit unserer Umwelt fördern. Dies ist die Stunde Europas. Unsere Bereitschaft zu handeln muss den Herausforderungen, vor denen wir stehen, entsprechen. Mit dem Instrument „NextGenerationEU“ geben wir eine ehrgeizige Antwort.”

Haushaltskommissar Johannes Hahn fügte hinzu: „Unser gemeinsamer Haushalt ist das Herzstück des europäischen Aufbauplans. Dank der zusätzlichen Schlagkraft des Instruments „NextGenerationEU“ und des verstärkten mehrjährigen Finanzrahmens können wir Solidarität zeigen und die Mitgliedstaaten und die Wirtschaft unterstützen. Gemeinsam wird Europa wettbewerbsfähiger, resilienter und souveräner aus der Krise hervorgehen.“

Investitionen in die nächste Generation

Ergänzend zu den nationalen Bemühungen ist der EU-Haushalt ideal geeignet, einen fairen sozioökonomischen Aufbau voranzutreiben, den Binnenmarkt wiederzubeleben und zu stärken, gleiche Wettbewerbsbedingungen zu gewährleisten und die dringend notwendigen Investitionen in vor allem den ökologischen und den digitalen Wandel zu unterstützen, die für den Wohlstand und die Resilienz des künftigen Europas den Ausschlag geben.

Mit dem Instrument „NextGenerationEU“ werden Mittel mobilisiert, indem die Eigenmittelobergrenze vorübergehend auf 2 Prozent des Bruttonationaleinkommens der EU angehoben wird, sodass die Kommission dank ihres guten Kreditratings auf den Finanzmärkten 750 Mrd. Euro aufnehmen kann. Diese zusätzlichen finanziellen Mittel werden im Wege von EU-Programmen verteilt und über einen langen Zeitraum aus künftigen EU-Haushalten zurückgezahlt – frühestens 2028 und spätestens 2058. Um dies fair und gemeinsam zu erreichen, schlägt die Kommission eine Reihe neuer Eigenmittel vor. Damit baldmöglichst Mittel bereitstehen, um den dringendsten Bedarf zu decken, schlägt die Kommission vor, den mehrjährigen Finanzrahmen 2014-2020 zu ändern, damit bereits 2020 zusätzliche 11,5 Mrd. Euro verfügbar sind.

Die für „NextGenerationEU“ mobilisierten Mittel werden auf drei Säulen verteilt:

1. Mitgliedstaaten bei Investitionen und Reformen unterstützen:

  • Eine neue Aufbau- und Resilienzfazilität im Umfang von 560 Mrd. Euro wird Mittel für Investitionen und Reformen bereitstellen, auch im Zusammenhang mit dem ökologischen und dem digitalen Wandel und der Resilienz der nationalen Volkswirtschaften, sodass diese künftig mit den Zielen des Europäischen Semesters verknüpft sind. Ausgestattet wird mit bis zu 310 Mrd. Euro, die als Finanzhilfen gewährt werden können, und bis zu 250 Mrd. Euro, die als Darlehen bereitgestellt werden können. Die Unterstützung kann von allen Mitgliedstaaten in Anspruch genommen werden. wird sich aber auf diejenigen konzentrieren, die am härtesten getroffen wurden und wo der Resilienzbedarf am größten ist.
  • Eine im Rahmen der neuen Initiative REACT-EU ab sofort und bis 2022 vorgesehene Aufstockung der derzeitigen Kohäsionsprogramme um 55 Mrd. Euro wird je nach der Schwere der wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen der Krise zugewiesen. Dabei werden auch die Kriterien Jugendarbeitslosigkeit und relativer Wohlstand der Mitgliedstaaten berücksichtigt.
  • Es wird vorgeschlagen, den Fonds für einen gerechten Übergang mit 40 Mrd. Euro zu verstärken, den Mitgliedstaaten so dabei zu helfen, den Übergang zur Klimaneutralität zu beschleunigen.
  • Der Europäische Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums wird mit 15 Mrd. Euro aufgestockt, um ländliche Gebiete dabei zu unterstützen, die im Zusammenhang mit dem europäischen Grünen Deal erforderlichen strukturellen Veränderungen vorzunehmen und die ehrgeizigen Ziele der neuen Biodiversitäts- und „Vom Hof auf den Tisch“-Strategie zu erreichen.

2. Die Wirtschaft in der EU durch Anreize für private Investitionen ankurbeln

  • Ein neues Solvenzhilfeinstrument wird private Ressourcen mobilisieren, um lebensfähige Unternehmen aus allen Wirtschaftszweigen in Europa sofort zu unterstützen und sie für eine sauberere, digitale und resiliente Zukunft zu wappnen. Mit der Bereitstellung von 31 Mrd. Euro aus dem EU-Haushalt wird der Europäischen Investitionsbank-Gruppe mit Garantien Solvenzhilfen in Höhe von 300 Mrd. Euro ermöglichen.
  • Eine Aufstockung des europäischen Investitionsprogramms InvestEU um 15,3 Mrd. Euro soll private Investitionen in Projekte überall in der EU mobilisieren.
  • Eine neue, in InvestEU eingebettete Fazilität für strategische Investitionen soll Investitionen bis zu 150 Mrd. Euro in die Förderung der Resilienz vor allem der strategischen Sektoren, die für die grüne und die digitale Wende von Belang sind, und wichtiger Wertschöpfungsketten im Binnenmarkt anschieben mithilfe eines Beitrags des Instruments „NextGenerationEU“ in Höhe von 15 Mrd. Euro.

3. Die Lehren aus der Krise umsetzen:

  • Ein neues Gesundheitsprogramm, EU4Health, mit einem Etat von 9,4 Mrd. Euro soll die Gesundheitssicherheit stärken und Vorsorge für künftige Gesundheitskrisen sicherstellen.
  • Das Katastrophenschutzverfahren der Union, rescEUwird mit 2 Mrd. Euroaufgestockt, um das Verfahren auszuweiten und zu stärken, damit die Union in der Lage ist, sich auf künftige Krisen vorbereiten und darauf zu reagieren.
  • Horizont Europa wird mit 94,4 Mrd.Euro aufgestockt, um grundlegende Forschung in den Bereichen Gesundheit und Resilienz sowie grüner und digitaler Wandel zu finanzieren.
  • Für außenpolitische Maßnahmen, einschließlich humanitärer Hilfe, sind zusätzlich 16,5 Mrd. Euro vorgesehen, um Europas Partner in der Welt zu unterstützen.
  • Andere EU-Programme werden gestärkt, damit der künftige Finanzrahmen dem aufbaubedingten Bedarf und den strategischen Prioritäten voll und ganz entspricht. Andere Instrumente werden verstärkt, um den EU-Haushalt flexibler und reaktionsfähiger zu machen.

Wenn bis Juli auf der Ebene des Europäischen Rates eine rasche politische Einigung über das Instrument „NextGenerationEU“ und den Gesamthaushalt der EU für 2021-2027 auf der Ebene erzielt wird, erhielte der Aufbau neue Impulse und die EU ein schlagkräftiges Instrument, um die Wirtschaft wieder anzukurbeln und zukunftsfähig zu machen.

Das politische Fundament des Aufbaus

Die Wirtschaft wieder anzukurbeln, bedeutet nicht, den Zustand vor der Krise wiederherzustellen, sondern, einen Sprung nach vorne zu machen. Wir müssen den Schaden, den diese Krise kurzfristig verursacht, so beheben, dass wir auch langfristig davon profitieren. Alle Mittel, die durch „NextGenerationEU“ und den neu gestalteten langfristigen EU-Haushalt mobilisiert werden, fließen über EU-Programme in …

… den europäischen Grünen Deal als Aufbaustrategie der EU:

  • Eine massive Renovierungswelle unserer Gebäude und Infrastrukturen und eine stärkere Kreislaufwirtschaft, die vor Ort Arbeitsplätze schaffen;
  • Verbreitung von Projekten im Bereich erneuerbarer Energien, insbesondere Wind- und Solarenergie, und Ankurbelung einer sauberen Wasserstoffwirtschaft in Europa;
  • Saubererer Verkehr und sauberere Logistik , einschließlich der Installation von einer Million Ladestationen für Elektrofahrzeuge und Förderung für Zugfahrten und saubere Mobilität in unseren Städten und Regionen;
  • Stärkung des Fonds für einen gerechten Übergang, um die Umschulung von Arbeitskräften zu fördern und Unternehmen so bei der Erschließung neuer Geschäftsmöglichkeiten zu unterstützen.

… die Stärkung des Binnenmarkts und seine Anpassung an das digitale Zeitalter:

  • Investitionen in mehr und bessere Konnektivität , insbesondere in die rasche Einführung von 5G-Netzen;
  • Eine stärkere industrielle und technologische Präsenz in strategischen Sektoren, einschließlich Künstliche Intelligenz, Cybersicherheit, Hochleistungsrechnen und Cloud;
  • Aufbau einer echten Datenwirtschaft als Motor für Innovation und Beschäftigung;
  • Erhöhte Cyberresilienz.

… einen fairen und inklusiven Aufbau für alle:

  • Die kurzfristige Europäische Arbeitslosenrückversicherung (SURE) wird 100 Mrd. Euro zur Unterstützung von Arbeitnehmern und Unternehmen bereitstellen;
  • Die Europäische Agenda für Kompetenzen und der Aktionsplan für digitale Bildung werden sicherstellen, dass alle Bürgerinnen und Bürger in der EU über digitale Kompetenzen verfügen;
  • Faire Mindestlöhne und verbindliche Maßnahmen zur Gewährleistung der Lohntransparenz werden schutzbedürftigen Arbeitskräften und insbesondere Frauen helfen;
  • Die Europäische Kommission geht verstärkt gegen Steuerhinterziehung vor, und dies wird den Mitgliedstaaten helfen, Einnahmen zu erzielen.

Eine resilientere EU

Europa muss seine strategische Autonomie in bestimmten Bereichen stärken, einschließlich in strategischen Wertschöpfungsketten und einer verstärkten Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen. Um die Krisenvorsorge und das Krisenmanagement zu verbessern, wird die Kommission die Europäische Arzneimittelagentur stärken und dem Europäischen Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) mehr Befugnisse übertragen, damit sie in Krisenzeiten medizinische Maßnahmen koordinieren können.

Der Aufbau muss eindeutig auf den Grundrechten und der uneingeschränkten Achtung der der Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit basieren. Sofortmaßnahmen müssen befristet und streng verhältnismäßig sein. Die Bewertung der Kommission wird in den ersten Bericht des EU-Mechanismus zur Wahrung der Rechtsstaatlichkeit eingehen.

Wir können und müssen aus dieser Krise lernen, aber dies ist nur möglich, wenn unsere Bürgerinnen und Bürger, Gemeinschaften und Städte einbezogen werden. Die Konferenz über die Zukunft Europas wird bei der weiteren Stärkung des demokratischen Fundaments Europas nach der Krise eine wichtige Rolle spielen.

Eine verantwortungsvolle globale Führungsrolle

Die EU ist entschlossen, bei den internationalen Bemühungen um einen wahrhaft globalen Aufbau eine führende Rolle zu übernehmen, insbesondere durch eine gemeinsame Koordinierung mit den Vereinten Nationen, den G20 und den G7, dem Internationalen Währungsfonds, der Weltbank und der Internationalen Arbeitsorganisation. Die EU wird weiterhin besonders eng mit ihrer unmittelbaren Nachbarschaft im Osten und Süden und ihren Partnern in Afrika zusammenarbeiten.

Hintergrund

In der Gemeinsamen Erklärung der Mitglieder des Europäischen Rates vom 26. März 2020 wurde die Europäische Kommission aufgefordert, eine koordinierte Ausstiegsstrategie und einen umfassenden Aufbauplan mit beispiellosen Investitionen zu entwickeln, damit unsere Gesellschaften und Volkswirtschaften normal funktionieren können und ein nachhaltiges Wachstum erreicht werden kann, in das auch der Übergang zu einer grünen Wirtschaft und der digitale Wandel integriert ist. In Erfüllung dieses Auftrags legten die Präsidentin der Kommission und der Präsident des Rats am 15. April zunächst einen gemeinsamen europäischen Fahrplan für die Aufhebung der Maßnahmen zur Eindämmung von COVID-19 vor. Mit dem heutigen Paket, das auf einem überarbeiteten Vorschlag für den nächsten langfristigen EU-Haushalt und dem aktualisierten Kommissionsarbeitsprogramm für 2020 basiert, wird der zweite Teil des Auftrags erfüllt und ein umfassender Aufbauplan vorgelegt.

Die EU hat die negativen wirtschaftlichen Folgen der Coronaviruskrise bereits mit einer koordinierten und wirkungsvollen gemeinsamen Reaktion abgefedert. Wir haben unsere Fiskal- und Beihilferahmen gelockert, um den Mitgliedstaaten Handlungsspielraum zu geben. Wir setzen jeden im EU-Haushalt verfügbaren Euro ein, um den Gesundheitssektor, Arbeitnehmer und Unternehmen zu unterstützen und Finanzmittel auf den Märkten zu mobilisieren, um Arbeitsplätze zu retten.

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