Die Europäische Kommission geht den alarmierenden Rückgang wildlebender Bienen und anderer Bestäuber in Europa an. In einer neuen EU-Initiative definiert sie dafür Ziele für 2030 und konkrete Maßnahmen.
EU-Umweltkommissar Virginijus Sinkevičius erklärte: „Bestäuber, diese kleinen Insekten, werden die Zukunft der Natur und die langfristige Ernährungssicherheit bestimmen. Wir brauchen sofortige, gezielte Maßnahmen, um die Bestäuber zur retten, da sie für unsere Ökosysteme, Gesellschaften und Volkswirtschaften von unschätzbarem Wert sind.“
Stella Kyriakides, Kommissarin für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit ergänzte: „Wir wissen, dass die übermäßige Verwendung und Abhängigkeit von Pestiziden unsere Ernährungssicherheit, die Rentabilität landwirtschaftlicher Betriebe, die biologische Vielfalt und unsere Umwelt gefährden. Wir werden weiterhin intensiv daran arbeiten, den Einsatz von Pestiziden zu verringern und den Verlust von Bestäubern in Zukunft zu minimieren.“
Zusammen mit dem neuen Deal für Bestäuber stellte die Kommission auch die überarbeitete EU-Initiative für Bestäuber von 2018 vor. Bürgerinnen und Bürger fordern zunehmend ein entschlossenes Handeln gegen den Verlust von Bestäubern, unter anderem mit der Europäischen Bürgerinitiative „Bienen und Bauern retten“. Da aktuell jede dritte Bienen-, Schmetterlings- und Schwebfliegenart in der EU verschwindet, sieht die erneuerte Initiative Maßnahmen vor, die von der EU und den Mitgliedstaaten zu ergreifen sind, um den Rückgang der Bestäuber bis 2030 umzukehren. Sie ergänzt den Vorschlag der Kommission für ein Gesetz zur Wiederherstellung der Natur von Juni 2022 und ist ein zentraler Bestandteil der Biodiversitätsstrategie für 2030, der Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ und des europäischen Grünen Deals.
Umkehr des Rückgangs von Bestäubern bis 2030
In der überarbeiteten EU-Initiative für Bestäuber werden Ziele für 2030 und Maßnahmen festgelegt, die drei Prioritäten zugeordnet sind. Die wichtigste Priorität ist die Verbesserung der Erhaltung von Bestäubern und die Bekämpfung der Ursachen ihres Rückgangs. Dies soll geschehen durch:
- Verbesserung der Erhaltung von Arten und Lebensräumen – die Kommission wird beispielsweise die Ausarbeitung von Erhaltungsplänen für bedrohte Bestäuberarten abschließen; sie wird Bestäuber ermitteln, die für Lebensräume typisch sind, die gemäß der Habitat-Richtlinie geschützt sind und die die Mitgliedstaaten schützen sollten; außerdem wird die Kommission zusammen mit den Mitgliedstaaten ein Konzept für ein Netz von ökologischen Korridoren für Bestäuber – sogenannte „Buzz Lines“ – ausarbeiten.
- Wiederherstellung von Lebensräumen in Agrarlandschaften – insbesondere durch die verstärkte Förderung einer bestäuberfreundlichen Landwirtschaft im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik.
- Minderung der Auswirkungen des Einsatzes von Pestiziden auf Bestäuber – zum Beispiel durch rechtliche Anforderungen zur Anwendung des integrierten Pflanzenschutzes oder durch zusätzliche Testmethoden zur Bestimmung der Toxizität von Pestiziden für Bestäuber, einschließlich subletaler und chronischer Auswirkungen. Da der übermäßige Einsatz von Pestiziden eine der Hauptursachen für den Verlust von Bestäubern ist, wird es von entscheidender Bedeutung sein, das Risiko und den Einsatz von Pestiziden gemäß dem Vorschlag der Kommission für eine nachhaltige Verwendung von Pestiziden zu verringern.
- Verbesserung der Lebensräume von Bestäubern in städtischen Gebieten.
- Verringerung der Auswirkungen des Klimawandels, invasiver gebietsfremder Arten und anderer Bedrohungen wie Biozide oder Lichtverschmutzung auf die Bestäuber.
Ein weiterer Schwerpunkt der Initiative ist die Verbesserung der Kenntnisse über den Rückgang der Bestäuber sowie seine Ursachen und Folgen. Zu den Maßnahmen gehören die Einrichtung eines umfassenden Überwachungssystems, die Unterstützung von Forschung und Bewertung, zum Beispiel durch Kartierung wichtiger Bestäubergebiete bis 2025, sowie gezielte Maßnahmen zur Förderung des Kapazitätsaufbaus und der Verbreitung von Wissen.
Eine dritte Priorität ist die Mobilisierung der Gesellschaft und die Förderung der strategischen Planung und der Zusammenarbeit. Die Mitgliedstaaten werden mit Unterstützung der Kommission nationale Strategien für Bestäuber entwickeln. Die Kommission und die Mitgliedstaaten werden auch Bürgerinnen und Bürger sowie die Wirtschaft zum Handeln ermutigen, zum Beispiel indem die Öffentlichkeit sensibilisiert und die Bürgerwissenschaft gefördert wird.
Die vollständige Liste der Maßnahmen ist im Anhang der Mitteilung „Ein neuer Deal für Bestäuber“ enthalten.
Nächste Schritte
Die Kommission ersucht das Europäische Parlament und den Rat, die neuen Maßnahmen zu billigen und sich in enger Zusammenarbeit mit allen einschlägigen Interessenträgern aktiv an seiner Umsetzung zu beteiligen. Die neuen Maßnahmen werden die kommenden nationalen Wiederherstellungspläne (im Rahmen des vorgeschlagenen Gesetzes zur Wiederherstellung der Natur) ergänzen, in denen die Mitgliedstaaten über die Maßnahmen entscheiden, mithilfe derer das rechtsverbindliche Ziel, den Rückgang der Bestäuberpopulationen bis 2030 umzukehren, erreicht werden soll.
Die Kommission wird im Laufe dieses Jahres mit einer entsprechenden Mitteilung auf die Bürgerinitiative „Bienen und Bauern retten“ reagieren.
Hintergrund
Bestäuber sind ein integraler Bestandteil gesunder Ökosysteme. Ohne sie würden viele Pflanzenarten zusammen mit den von ihnen abhängigen Organismen zurückgehen und schließlich verschwinden, was schwerwiegende ökologische, soziale und wirtschaftliche Folgen hätte. Da etwa 80 Prozent der Kultur- und Wildpflanzen auf die Bestäubung durch Tiere angewiesen sind, ist der Verlust von Bestäubern eine der größten Bedrohungen für die Natur, das Wohlergehen der Menschen in der EU und die Ernährungssicherheit, da er die nachhaltige langfristige landwirtschaftliche Erzeugung gefährdet. Der heutige geopolitische Kontext hat die Notwendigkeit verstärkt, unser Lebensmittelsystem widerstandsfähiger zu machen, unter anderem durch den Schutz und die Wiederherstellung der Bestäuberpopulationen.
Die Initiative baut auf umfassenden Konsultationen der Interessenträger und auf institutionellen Rückmeldungen des Europäischen Parlaments, des Rates, des Ausschusses der Regionen und des Europäischen Rechnungshofs auf. Sie steht auch im Einklang mit dem kürzlich angenommenen globalen Biodiversitätsrahmen von Kunming-Montreal, der das globale Ziel enthält, das von Pestiziden ausgehende Risiko bis 2030 um mindestens 50 Prozent zu verringern.
Weitere Informationen:
- Quelle: EU-Pressemeldung
- Pressemitteilung: Ernährungssicherheit und Widerstandsfähigkeit der Ökosysteme: Kommission fördert Maßnahmen für Bestäuber
- Fragen und Antworten zu der überarbeiteten EU-Initiative für Bestäuber
- Mitteilung „Ein neuer Deal für Bestäuber“ und Anhang
- EU-Initiative für Bestäuber – Umwelt – Europäische Kommission (europa.eu)
- Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen – Faktoren der Ernährungssicherheit
- Informationsdrehkreuz zum Thema Bestäuber in der EU
- Park der Bestäuber (europa.eu)
- Kurzlink auf diesen Artikel: https://ogy.de/EU-Insekten-Vielfalt