Das Gesetz über die digitalen Dienste (Digital Services Act, DSA) EU-weit in Kraft. Damit sollen Bürgerinnen und Bürger und deren Grundrechte im Internet besser geschützt und insbesondere Hass und politische Radikalisierung eingedämmt werden. Das Gesetz über digitale Dienste ist das erste Regulierungsinstrument seiner Art weltweit und setzt auch international Maßstäbe. Margrethe Vestager, Exekutiv-Vizepräsidentin der EU-Kommission, sagte: „Mit dem Gesetz über digitale Dienste gibt es nun einen klaren Rechtsrahmen. Online-Plattformen stehen im Mittelpunkt wichtiger Aspekte unseres Lebensalltags, unserer Demokratien und unserer Volkswirtschaften. Es ist daher nur folgerichtig, dafür zu sorgen, dass sie ihrer Verantwortung im Hinblick auf die Verringerung der Menge illegaler Online-Inhalte, die Minderung anderer Online-Schäden sowie den Schutz der Grundrechte und der Sicherheit der Nutzer gerecht werden.“
Der DSA gilt für alle digitalen Dienste, die den Verbrauchern Waren, Dienstleistungen oder Inhalte vermitteln. Er verpflichtet Online-Plattformen, Gefahren besser begrenzen und die Rechte der Nutzer stärker zu schützen. Den Plattformen müssen transparenter werden und unterliegen neuen Rechenschaftspflichten. Die neuen Vorschriften gelten einheitlich in der ganzen EU.
Nach dem heutigen Inkrafttreten des DSA haben die Online-Plattformen drei Monate Zeit, um die Zahl der aktiven Endnutzer auf ihren Websites zu veröffentlichen. Auf der Grundlage dieser Nutzerzahlen wird die Kommission prüfen, ob eine Plattform als sehr große Online-Plattform oder Suchmaschine benannt werden sollte. Nach der Entscheidung der Kommission über die Einstufung hat das betreffende Unternehmen vier Monate Zeit, um den Verpflichtungen aus dem DSA nachzukommen, einschließlich der Durchführung und Übermittlung der ersten jährlichen Risikobewertung an die Kommission. Die EU-Mitgliedstaaten müssen ihre Koordinatoren für digitale Dienste bis zum 17. Februar 2024, dem Datum des allgemeinen Geltungsbeginns des DSA, beauftragen, wenn der DSA für alle in seinen Geltungsbereich fallenden Unternehmen vollständig anwendbar ist.
Neue Verantwortlichkeiten für digitale Dienstleistungen
Die DSA führt ein umfassendes neues Regelwerk für Online-Dienste ein, das vorschreibt, wie sie ihre Dienste und Verfahren zu gestalten haben. Die neuen Regeln beinhalten neue Pflichten, um die Verbreitung illegaler Inhalte und illegaler Produkte im Internet zu begrenzen, den Schutz Minderjähriger zu verbessern und den Nutzern mehr Auswahl und bessere Informationen zu bieten. Die Verpflichtungen der verschiedenen Online-Akteure entsprechen ihrer Rolle, ihrer Größe und ihrem Einfluss im Online-Ökosystem; einen Überblick finden Sie hier.
Alle Online-Vermittler müssen weitreichende neue Transparenzverpflichtungen einhalten, um die Rechenschaftspflicht und die Überprüfung zu verbessern, z. B. durch neue Kennzeichnungsmechanismen für illegale Inhalte. Für Plattformen mit mehr als 45 Millionen Nutzern wird jedoch eine Sonderregelung eingeführt: Für solche sehr großen Online-Plattformen oder Suchmaschinen gelten weitere Verpflichtungen, darunter weitreichende jährliche Bewertungen der Risiken, die von ihren Diensten ausgehen - zum Beispiel im Hinblick auf die Verbreitung illegaler Waren oder Inhalte oder von Desinformation. Im Rahmen des DSA müssen sie geeignete Maßnahmen ergreifen, um die Risiken zu mindern, und sich einer unabhängigen Prüfung ihrer Dienste und Maßnahmen zur Risikominderung unterziehen.
Kleinere Plattformen und Start-ups werden von einer geringeren Anzahl von Verpflichtungen, besonderen Ausnahmen von bestimmten Vorschriften und vor allem von mehr Rechtsklarheit und -sicherheit für die Tätigkeit im gesamten EU-Binnenmarkt profitieren.
Verbesserter Schutz der Online-Grundrechte
Die neuen Vorschriften schützen die Grundrechte der Nutzer in der EU auch in der Online-Welt. Die neuen Bestimmungen zum Schutz der Meinungsfreiheit schränken willkürliche Entscheidungen von Plattformen zur Mäßigung von Inhalten ein und bieten den Nutzern neue Möglichkeiten, fundiert gegen die Plattform vorzugehen, wenn ihre Inhalte moderiert werden: So haben die Nutzer von Online-Plattformen nun viele Möglichkeiten, Entscheidungen zur Einschränkung von Inhalten anzufechten, auch wenn diese Entscheidungen auf den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Plattformen beruhen. Die Nutzer können sich direkt bei der Plattform beschweren, eine außergerichtliche Streitbeilegungsstelle wählen oder vor Gericht klagen.
Die neuen Vorschriften schreiben auch vor, dass die Bedingungen der Plattformen klar und präzise formuliert sein und die Grundrechte der Nutzer respektieren müssen.
Stärkere öffentliche Aufsicht
Das Gesetz über digitale Dienste bewirkt ein beispielloses Maß an öffentlicher Aufsicht über Online-Plattformen in der gesamten Union, sowohl auf nationaler als auch auf EU-Ebene. Die Kommission ist befugt, VLOPs (very large online platforms) und VLOSEs (very large online search engines) direkt zu beaufsichtigen, also Unternehmen, die jeweils mehr als 10 Prozent der EU-Bevölkerung, d. h. etwa 45 Millionen Menschen, erreichen. Darüber hinaus muss jeder Mitgliedstaat einen Koordinator für digitale Dienste benennen, der andere Einrichtungen, die in den Anwendungsbereich der DSA fallen, sowie VLOPs und VLOSEs in nicht-systemischen Fragen beaufsichtigt. Die nationalen Koordinatoren und die Europäische Kommission werden über einen Europäischen Rat für digitale Dienste zusammenarbeiten. Dieser EU-weite Kooperationsmechanismus wird zwischen den nationalen Regulierungsbehörden und der Kommission eingerichtet.
Die Kommission richtet ein Europäisches Zentrum für Algorithmische Transparenz (ECAT) ein, um ihre Aufsichtsfunktion mit internem und externem multidisziplinärem Wissen zu unterstützen. Das Zentrum wird sie bei der Bewertung unterstützen, ob die Funktionsweise algorithmischer Systeme mit den Risikomanagementverpflichtungen übereinstimmt, die der DSA für VLOPs und VLOSEs festlegt, um ein sicheres, berechenbares und vertrauenswürdiges Online-Umfeld zu gewährleisten.
Hintergrund
Am 15. Dezember 2020 legte die Kommission den Vorschlag für den DSA zusammen mit dem Vorschlag für das Gesetz über digitale Märkte (DMA) als umfassenden Rahmen vor, um einen sichereren und faireren digitalen Raum für alle zu gewährleisten. Das DMA trat am 1. November 2022 in Kraft.
Digitale Dienste umfassen eine große Kategorie von Online-Diensten, von einfachen Websites bis hin zu Internet-Infrastrukturdiensten und Online-Plattformen. Die im DSA festgelegten Regeln betreffen in erster Linie Online-Vermittler und Plattformen. Zum Beispiel Online-Marktplätze, soziale Netzwerke, Plattformen zum Teilen von Inhalten, App-Stores und Online-Plattformen für Reisen und Unterkünfte.
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